Stör: Biologie, Verhalten, Lebensraum im Detail

In seiner Wildform ist der Stör eine sehr seltene Spezies, die an der europäischen Atlantikküste vorkommt und vom Aussterben bedroht ist. Zugleich wird der Stör in großen Mengen in Aquakulturen gezüchtet.

Europäischer Stör

Europäischer Stör

Steckbrief Stör

  • Name: Europäischer Stör (Engl.: European sea sturgeon)
  • Wiss. Name: Acipenser sturio
  • Ordnung: Störartige (Acipenseriformes)
  • Familie: Störe (Acipenseridae)
  • Gattung: Acipenser
  • Verbreitung: europäische Küstengewässer in Nordatlantik
  • Lebensraum: Brack- und Salzwasser in 10 bis 80 m Tiefe
  • Nahrung: Muscheln, Schnecken, Krebse, Würmer, Kleinfische
  • Verhalten: Friedfisch, Schwarmfisch
  • Maximale Größe: 340 cm
  • Maximales Gewicht: 300 kg
  • Maximales Alter: 40 Jahre
  • Körperform: langgestreckt und spindelförmig
  • Körperfarbe: blau-schwarzer bis bläulich-grüner Rücken, graue Flanken
  • Maul: unterständig und vorstülpbar
  • Schuppen: statt Schuppen hat der Stör Längsreihen von Knochenschildern am Rücken, Flanken und am Bauch
  • Flossenformel: D 0/30-44, A 0/23-30
  • Geschlechtsreife: mit 12 bis 16 Jahren
  • Laichzeit: zwischen März und August
  • Wirtschaftliche Bedeutung: bedeutender Speise- und Kaviar-Fisch, wird oft in Aquakulturen gezüchtet (auch als Hybrid mit Beluga-Stör)
  • Kulinarische Qualität: wohlschenkendes Fleisch mit moderatem Fettgehalt / optimal geeignet zum Dünsten, Backen, Grillen und Räuchern
  • Nährwert (100 g Fisch): 91 kcal / 18,2 g Eiweiß / 2 g Fett
  • Angelsport: beliebter aber seltener Zielfisch in kommerziellen Angelseen (Tipps fürs Angeln auf Stör)
  • Gefährdung: aufgrund von Verbauung seiner Laichrouten akut gefährdet

Herkunft und Lebensraum

Die größten Populationen des Europäischen Störs gab es Ende des 17. und Anfang 18. Jahrhunderts in den Mündungsgebieten der Elbe in Deutschland und der Gironde in Frankreich. Damals wurden allein in der Elbe bis zu 20.000 Störe pro Jahr gefangen. Auch zahlreiche andere Flüsse, die in Ostsee, Nordsee und in Atlantik mündeten, beinhalteten Stör-Populationen. Die Fischbestände von damals wurden zwar durch Menschen ausgebeutet, blieben aber über lange Zeit hinweg stabil.

Ab dem 20. Jahrhunderts wurden die Störe nicht nur durch den kommerziellen Fang sondern auch aufgrund von Industrialisierung und Bebauung ihrer Laichrouten immer mehr gefährdet. Nach einigen Schätzungen betrug ihre Population Anfang des 20. Jahrhunderts etwas ein Hundertstel dessen, was 100 Jahre davor noch in den Flüssen schwamm. Heute ist der Stör in Europa in seiner Wildform fast ausgestorben. Die letzten noch intakten Laichplätze befinden sich in Gironde in Frankreich.

Lebensweise des Störs

Stör

Stör

Die meiste Zeit seines Lebens verbringt der Stör in Küstennähe in der Tiefe zwischen 10 und 80 Meter auf dem Meeresboden. Auf der Suche nach Nahrung wühlt er mit seiner langen Schnauze im sandigen und schlammigen Boden herum. Dabei kann er mithilfe seiner Barteln und dem hervorragenden Geruchssinn auch die kleinsten Beutetiere aufspüren, die er blitzschnell mit seinem faltbaren Maul einsaugt. Manchmal steigen die Störe auch an die Wasseroberfläche und springen sogar aus dem Wasser. Ichthyologen vermuten, dass der Fisch auf diese Weise versucht, externe Parasiten, darunter auch die Meerneunaugen, loszuwerden.

Wichtige Merkmale

Obwohl der Stör gar nicht mit dem Hai verwandt ist, hat er eine ähnliche Körper-Silhouette. Genauso wie beim Hai liegt die Rückenflosse beim Stör sehr weit hinten und auch der obere Teil der Schwanzflosse ist verlängert. Charakteristisch und einmalig für Stör sind die aneinander reihenden Knochenschilde am Bauch, auf dem Rücken und an den Seiten. Die Farbe des Störs kann von blau-schwarz bis zu bläulich-grün variieren, wobei die Flanken deutlich heller sind als der Rücken.

Der Europäische Stör kann bis zu 3,4 m groß werden und das Gewicht von 300 kg erreichen. Es gibt unzählige Legenden von immenser Größe mancher Störe, die bis zu 6 Meter lang und 400 kg schwer gewesen sein könnten. Doch all diese Berichte sind mitunter über 100 Jahre alt und nicht ausreichend dokumentiert. Als glaubhaft gilt der Fang eines rekordverdächtigen Exemplars aus dem Jahr 1904: Der Koloss wurde in der Nordsee gefangen, war 345 cm lang und über 320 kg schwer.

Wie ernährt sich der Stör?

Europäischer Stör

Europäischer Stör

Störe suchen nach der Nahrung am Meeresboden. Dort fressen sie bevorzugt diverse Arten von Wirbellosen und Weichtieren wie zum Beispiel Schnecken, Würmer, Insektenlarven, Garnelen, Krabben und Krebse. Erwachsene Störe schnappen sich gerne auch kleine Fische. Die langgestreckte Körperform, die spitze Schnauze und vergrößerte hintere Schwanzflosse ermöglichen es dem Fisch, schnelle und wendige Bewegungen zu vollführen, die das Jagen noch effektiver machen. Außerdem haben die Störe einen ausgezeichneten Geruchssinn, den sie mit mithilfe ihrer Barteln bei Wühlen im Sediment effektiv einzusetzen wissen.

Fortpflanzung der Störe

Stör-Larven

Stör-Larven

Die Geschlechtsreife erreichen die Störe erst im Alter von 12 bis 16 Jahren. Die Weibchen werden in der Regel 2 Jahre später fortpflanzungsfähig als männliche Tiere. Störe sind anadrome Wanderfische und ziehen aus dem Meer die Flüsse aufwärts zu ihren Geburtsorten. Bei den wild lebenden Europäischen Stören ist das Paarungs- und Laichgebiet die Gironde in Frankreich. Gelaicht wird zwischen März und August bei Wassertemperatur zwischen 16-19 Grad. Das Stör-Weibchen legt je nach Größe zwischen 1-1,5 Mio Eier. Während des Laichens fressen die Kolosse fast nichts. Nach dem Laichen kehren erwachsene Fische zurück ins Meer.

Die Jungfische schlüpfen nach wenigen Tagen und bleiben noch etwa 6 Monate vor Ort. Hier ernähren sie sich von den kleinen wirbellosen Tieren, die sie in dem kiesigen Boden aufspüren. Etwa nach einem halben Jahr schwimmen die kleinen Störe die Flüsse abwärts zu den Flussmündungen und verbringen dort weiter 2 Jahre ihres Lebens. Während dieser Zeit gewöhnen sie sich langsam and das Salzwasser. Erst im Alter von 3 bis 4 Jahren wandern sie ins Meer.

Ist Stör ein guter Speisefisch?

Störzucht

Störzucht

Das Stör-Fleisch hat eine feste Struktur, delikaten Geschmack und ist fast grätenfrei. Er ist ideal zum Braten, Backen, Grillen und zum Räuchern. Weiterhin ist der Stör eine Fundgrube wertvoller und leicht verdaulicher Aminosäuren. Es enthält hohe Konzentration von Leucin, das das Wachstum der Muskelmasse beschleunigt und aus diesem Hrund häufig in Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler beigemischt wird. Weiterhin hat Störfleisch große Menge Kalzium, das ein wichtiger Bestandteil von Haut und Knochen ist.

Stör in Aquakulturen

In Europa werden Störe in erster Linie zwecks Kaviar-Produktion gezüchtet. Ihr Fleisch ist wirtschaftlich weniger bedeutsam, erfreut sich aber immer steigender Beliebtheit. Auch die Haut der Störe wird als Nebenprodukt zu Fischleder verarbeitet. In den einheimischen Aquakulturen kommt der Europäische Stör allerdings selten in reiner Form vor, sondern meist als Hybrid durch Kreuzung mit anderen Arten wie z.B. dem Beluga-Stör.

Besondere Gefährdung des Störs

Stör

Stör

Seit dem Altertum ist der Europäische Stör eines der Hauptziele des kommerziellen Fischfangs. Aufgrund seiner Größe und kulinarischer Qualität war der Fisch schon immer ein begehrter Fang. Verbesserte Ausrüstung und Fanggeräte haben zu einem erheblichen Anstieg der Ausbeute geführt, was zwangsläufig den Rückgang der Bestände nach sich gezogen hat. Als dann die Flüsse, die der Stör zur Fortpflanzung nutzte, mit Dämmen und Deichen verbaut wurden, und die eingesetzte unentwegte Einleitung von Abwässern und Industrieabfällen, wurde sein Überleben in freier Wildbahn immer mehr gefährdet.

Wiederansiedlungs-Maßnahmen

Stör-Jungfisch

Stör-Jungfisch

Sowohl in Europa als auch in Deutschland laufen seit geraumer Zeit einige Programme zur Wiederansiedlung des Störs durch gezielte Freisetzung von Besatzfischen. So wurden zum Beispiel allein in der Oder seit 2006 2,4 Millionen Jungfische ausgesetzt. Auch in anderen europäischen Ländern werden Maßnahmen zur Wiederansiedlung von Stören getroffen.

Leider ist es sehr schwierig, den sehr empfindlichen Europäischen Stör in seinen natürlichen Lebensraum zurück zu integrieren. Eine Gefahr stellen zum Beispiel die verwilderten bastardisierten Störe aus kommerziellen Teichanlagen, die entweder entwischten oder bewusst ausgesetzt wurden.