Hoher Wasserpegel im Fluss bedeutet für den Angler Segen und Fluch zugleich. Hier erläutern wir, was das genau bedeutet.
Steigendes Wasser – Stress für die Fische?
Was fürs Wetter gilt, gilt auch für den Wasserpegel: Je stabiler er ist, je umso weniger Stress haben die Fische und entsprechend aussichtsreicher sind unsere Fangchancen. Steigt der Wasserpegel in einem Fluss rasant an, müssen sich die Fische komplett umorientieren. Stellen, an denen sie früher ausreichend Nahrung und Schutz vor Räubern gefunden haben, sind durch den veränderten Wasserstand nicht mehr sicher geworden.
Sowohl die Friedfische als auch die Räuber müssen sich bei steigendem Pegel auf die neuen Verhältnisse einstellen und benötigen dafür Zeit, während dessen sie häufig Stress empfinden und aus diesem Grund kaum beißen. Doch im Sommer bedeutet das steigende Wasser für die Fische nicht nur Stress sondern auch jede Menge Nahrung in Form von unzähligen Insekten, die sie auf den überfluteten Ufern vorfinden.
Auf die Geschwindigkeit kommt es an
Je rasanter und höher der Wasserpegel ansteigt, umso länger brauchen die Fische, um sich daran zu gewöhnen. In unseren großen Flüssen wie z.B. in der Elbe und im Rhein kann das Wasser schon mal innerhalb von zwei Tagen auf 1 bis 1,5 Meter ansteigen. Solch einen rasanten Anstieg müssen die Fische erst mal „verdauen“. Bis dahin sind die Fangaussichten gering. Erst nach ein bis zwei Tagen, wenn sich der Pegel stabilisiert hat, fangen die Schuppenträger wieder zu fressen an.
Bei langsam steigendem Wasser – etwa 5 bis 10 cm pro Tag – haben die Fische wiederum ausreichend Zeit, sich darauf einzustellen und beißen wie gewöhnlich. Eigentlich ist der Wasserpegel in einem Fluss immer in Bewegung, sodass ein geringfügiger Anstieg oder Senkung des Wasserpegels den Satus Quo darstellt. Erst, wenn man lange Zeit nicht mehr Angeln war und sich der Pegel seitdem stark verändert hat, muss man die neuen Hotspots suchen.
Hotspots bei hohem Wasserstand finden
Der klassische Hotspot Buhnenkopf ist auch beim steigenden Pegel nach wie vor die erste Anlaufstelle für jeden Angler. Vor allem Buhnen, die beim normalen Pegel aussichtslos waren, weil sie zu hoch liegen und kaum tiefe Strukturen um den Buhnenkopf herum aufwiesen, werden beim steigenden Pegel auf ein mal zu begehrten Hotspots, weil nur sie noch über dem Wasser ragen und für Angler erreichbar sind.
Auch eine überflutete Wiese, die an ein großes Buhnenfeld anknüpft, kann beim gestiegenen Wasser zu einem Magneten für viele Weißfische werden, die hier den unzähligen Insekten nachstellen. Die Räuber wissen es und machen ihrerseits die Jagd nach den Friedfischen. Der Angler muss jetzt nur noch die Zeichen der Natur richtig deuten, um zu verstehen, wann die Stunde der Raubfische geschlagen hat (z.B. in der Dämmerung).
Weiterhin sind Hafeneinfahrten und Altarme sehr interessant, weil sich viele Fische dorthin begeben, um der Strömung zu entgehen, die beim steigenden Wasser deutlich schneller wird. Zugleich bedeutet schnellere Strömung, dass die Fische dagegen ankämpfen müssen, wofür sie mehr Energie verbrauchen und früher oder später wiederum richtig Hunger bekommen. Das steigende Wasser im Sommer bedeutet somit immer neue Fangchancen für Angler.
Besser fallender oder steigender Pegel?
Generell sollte man bei einer Pegel-Auswertung Faktor Jahreszeit beachten. Im Sommer bedeutet steigendes Wasser grundsätzlich wenige Stress für Fische als das Niedrigwasser. Durch die aufs Ufer aufkommende Flut werden in der warmen Jahreszeit neue interessante Bodenstrukturen zugänglich, die den Fischen nicht nur neue Verstecke vor den Räubern anbieten sondern auch allerlei Insekten mit sich bringen, die vor kurzem noch auf dem Trockenen gekrabbelt haben.
Im Winter hingegen bedeutet jeder Pegelsprung, dass die Fische ihre Energiereserven stark beanspruchen müssen, um sich den neuen Verhältnissen anzupassen. Da die Flossenträger im kalten Wasser ihre Nahrungsaufnahme aufgrund des verlangsamten Metabolismus stark reduzieren, würde die Suche nach einem neuen Standort im Winter viel Stress für jeden Fisch bedeuten. Die Chancen beim steigenden Wasser im Winter einen Fisch zu fangen sind daher gleich Null.
Pegelspur am Ufer lesen
Man kann die Spuren der Wasserstand-Entwicklung an der Uferlinie deuten. Im Bild oben ist zu sehen, dass der Wasserpegel innerhalb kürzester Zeit um knapp einen Meter gefallen sein muss. Man sieht deutlich, dass die unter Wasser gelegenen Steine mit einer Sedimentschicht überzogen wurden, die nach dem gefallenen Pegel in der Luft austrocknete und eine charakteristische helle Farbe gebildet hat.
Wie lang der Pegelfall in der Vergangenheit liegt ist in diesem Zusammenfall allerdings die entscheidende Frage, denn je stabiler die Wetterlage und je länger zurück die Pegelveränderung liegt, desto besser sind die Aussichten auf einen Fischfang. Das Wissen darüber kann sich jeder Angler durch präzise Beobachtung der Pegellinie bzw. der Austrocknung der Sedimentschicht selbst aneignen.
Pegel-Charts im Internet
Im Internet gibt es diverse Webseiten, die quasi Real-Time Wasserstand-Auswertung anbieten. Eine zuverlässige Quelle ist z.B. die Website der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Dort kann man sich noch vor einem Angelausflug ein Bild über den aktuellen Wasserstand verschaffen und dies bei der Köderwahl berücksichtigen. Folgend ein Beispiel-Link für die Pegelauswertung in Wittenberge.