Können Fische lernen? (Studien zum Fischverhalten)

Die Ergebnisse zahlreicher Studien zeigen, dass Fische überaus imstande sind, aus eigener Erfahrung zu lernen.

Instinktives Verhalten

Können Fische lernen?

Können Fische lernen?

Die meisten Wissenschaftler sind sich einig: Obwohl den Fischen die Großhirnrinde vollständig fehlt, die für bewusste Wahrnehmung von Erfahrungen verantwortlich ist, verfügen sie dennoch über ein komplexes Nervensystem, das ihnen ermöglicht, Reizmuster in Erfahrungswerte umzuwandeln. Setzt z.B. ein Räuber zu einer Attacke ein, wird beim Beutefisch das Erinnerungsvermögen seiner Nervenzellen durch die Reizimpulse blitzschnell zu einem Muster verarbeitet. Dies löst eine reflexartige Reaktion aus, die den Beutefisch zur Flucht katapultiert. Alle Fische verfügen somit über die instinktiven Verhaltensmuster, die von Geburt an genetisch verankert sind. Auf der anderen Seite können sich die Fische ein neues Verhalten durch reflexartige Reaktion auf unbekannte Reize auch anlernen.

Angelerntes Verhalten

Zander

Zander

Eine Plötze weiß instinktiv, dass ein Hecht für sie gefährlich ist. Es ist nicht notwendig, dass sie aus seinem Maul entkommen sein muss, um sich dessen bewusst zu werden. Die Form, Größe, Schwimmverhalten – schlicht das Wesen eines Hechtes – versetzt die Plötze automatisch in Alarmbereitschaft, weil bereits Millionen ihrer Vorfahren es instinktiv gewusst haben und dieses Wissen weiter an die Nachkommen vererbten.

Anders ist es bei Kunstködern*. Wenn Raubfische diesen unter Wasser begegnen, reagieren viele Arten zunächst mit Neugier auf die Neulinge, indem sie die Köder vorsichtig anknabbern. Werden die Räuber dabei gefangen (und anschließend freigelassen), assoziieren sie die Kunstköder mit Gefahr und manifestieren diese Erkenntnis in einen neuen Reflex, der an einen Schlüsselreiz anknüpft. Dies kann je nach Fischart die Köderform, -Farbe oder -Größe sein. Reize, die den Räubern Lebensgefahr oder Nahrung suggerieren, werden auf diese Weise besonders schnell in Reflexe verarbeitet.

Nachweis durch Experimente

Dass die Fische durch wiederholende Prozesse lernen können, beweist folgendes Experiment: In zwei direkt nebeneinander gestellten Aquarien werden getrennt ein Raubfisch und 2-3 kleine Friedfische gesetzt. Der Räuber wird schon bald versuchen gemäß seiner Natur die Friedfische zu attackieren. Nach einiger Zeit stellt er seine Versuche ein, indem er seine negative Erfahrung, die er mehrfach durch das Stoßen gegen die Glasscheibe erlebt hat, in einen Reflex verarbeitet. Werden die Friedfische nach einiger Zeit zu dem Räuber in dasselbe Aquarium gesetzt, bleiben die Attacken weiterhin aus.

Hecht, gefangen auf Twister

Hecht, gefangen auf Twister

Noch ein Beispiel: Angler, die in den 90-er Jahren den Einmarsch von Twistern und allen anderen Gummiködern bewusst miterleben haben, werden bestätigen, dass die ersten Jahre nach der Gummiköder-Invasion sehr viele Fänge brachten. Räuber, die bis dahin nur mit Blinkern oder Spinnern* beangelt wurden, reagierten insbesondere anfänglich mit sehr viel Enthusiasmus auf die Neulinge. Inzwischen sind Gummiköder kein Trumpf mehr – die Raubfische haben sich an den Gummis satt gefressen und ihre negativen Erfahrungswerte in angelernte Reflexe umgewandelt.

Drei Monate Gedächtnisspanne

Einige Forscher, die sich mit den Lernfähigkeiten der Fische auseinander setzen, schätzen ihr Gedächtnisvermögen auf mindestens drei Monate ein. Das bedeutet, dass Fische ihre negativen Erinnerungen, die sie mit den Kunstködern assoziieren, mindestens 3 Monate lang im Gedächtnis behalten. In diesem Zusammenhang ist der Frühling nicht nur deshalb die beste Jahreszeit für Angler, weil die Fische nach dem langen Winter Hunger bekommen, sondern auch, weil sie 3 Monate lang keine oder nur sehr wenige Kunstköder vorbei schwimmen sehen haben.

Fazit: Lernfähigkeit der Fische

Wenn die Fische gerade nicht beißen wollen, sollte man diese Tatsache nicht auf allein das Wetter oder Luftdruck zurückschieben, sondern versuchen, den ausgeworfenen Köder durch ungewöhnliche Führung zu präsentieren oder schlicht einen ganz neuen Köder auszuprobieren. Die Reizwirkung unserer Hightech-Köder basiert nicht nur auf deren kunstvollen Präsentation sondern auch auf dem Überraschungseffekt, wenn ein Raubfisch mit einer Situation konfrontiert wird, die er nicht kennt und daher möglicherweise falsch einschätzt. In so einem Fall macht der Raubfisch einen Fehler, indem er z.B. die vermeintliche Beute fressen will oder einen Eindringling verbeißen muss.