Flussneunauge: Alle Infos zum Rundmäuler

Im Meer ernähren sich die Flussneunaugen vom Blut anderer Tiere, an die sie sich mit ihrem Saugmaul anheften und deren Haut sie mit ihrer bezahnten Zunge abraspeln.

Allgemeines über Flussneunauge

  • Name: Flussneunauge (Lampetra fluviatilis). Engl.: European river lamprey
  • Überklasse: Rundmäuler (Cyclostomata)
  • Klasse: Petromyzontida
  • Ordnung: Neunaugen (Petromyzontiformes)
  • Familie: Petromyzontidae
  • Gattung: Lampetra
  • Vorkommen: große Flüsse und Flussmündungen in Europe
  • Max. Größe: 55 cm

Herkunft und Lebensraum

Flussneunauge

Flussneunauge. Bild: Lampetra fluviatilis

Das Flussneunauge ist eine Art der Neunaugen-Familie (Petromyzontidae) und damit kein Fisch sondern ein kieferloses Wirbeltier, das unter die Klassifikation der Rundmäuler (Cyclostomata) fällt. Es ist ein anadromer Wanderer, was bedeutet, dass die adulten Flussneunaugen zum Laichen aus dem Meer ins Süßwasser wandern. Zusammen mit dem Bachneunauge wurde das Flussneunauge in Deutschland 1988 zum Fisch des Jahres ernannt worden.

Flussneunaugen leben in allen größeren Flüssen Europas und deren Mündungsgebieten sowie in den angrenzenden Meeresgewässern. Für das östliche Mittelmeer und das gesamte Einzugsgebiet des Schwarzen Meers einschließlich der Donau gibt es allerdings keine Nachweise von Flussneunauen, außerdem fehlen sie in den Gebieten des nördlichen Skandinaviens sowie in den meisten Gewässern der Alpen.

Larven der Flussneunauge

Die Jungtiere des Flussneunauges schlüpfen nach etwa zwei bis drei Wochen nach dem laichen und graben sich in den schlammigen Boden ein. Sie werden Querder genannt und sind anatomisch von den ausgewachsenen Tieren verschieden. Zu den wichtigsten Larvenmerkmalen gehört ein Kiemendarm, mit dem sie Nahrungspartikel aus dem Wasser filtern können. Dafür stecken sie mit Ausnahme des Kopfes im Sediment und nehmen Plankton und organisches Material auf.

Die Querder besitzen keine Augen. In ihrem Larvenform leben sie zwischen drei und vier Jahren und wachsen während dessen auf eine Länge von etwa 15 cm an. Danach kommt es zu einer mehrwöchigen Metamorphose, bei der sich der Kiemendarm in die Kiemen umbilden und sich die weiteren Merkmale der ausgewachsenen Tiere bilden. Anschließend wandern die Jungtiere mit der Strömung zum Meer und leben dort bis zum Eintritt der Geschlechtsreife.

Fortpflanzung der Flussneunaugen

Im Meer halten sich die Neunaugen bevorzugt im flachen Küstenbereich auf. Im Herbst stellen die Tiere die Nahrungsaufnahme ein und wandern bis in die Oberläufe der Flüsse. Es ist bislang noch nicht geklärt, ob sie dabei in ihre Ursprungsgewässer zurückkehren. Während der Rückwanderung bildet sich der Darm zurück. Nach dem Aufwandern in die Laichflüsse machen die Flussneunaugen erst eine Winterruhe durch, danach verpaaren sie sich in den Monaten von Februar bis Mai.

Sie laichen bei Wassertemperaturen ab 9 °C in kleinen Gruppen ab. Wie das Männchen des Bachneunauges schlagen auch die Flussneunaugen Laichlöcher. Die Weibchen saugen sich oberhalb dieser Senken fest und werden von den Männchen mit dem Hinterleib umschlungen. Das Männchen presst dabei die Eier aus dem Weibchen und gibt sein Sperma dazu. Dabei legt ein einzelnes Weibchen innerhalb weniger Tage bis zu 40.000 Eier, die Elterntiere sterben nach dem Laichen ab.

Anatomische Merkmale

Flussneunaugen

Flussneunaugen. Bild: Jõesilmud2, CC BY-SA 3.0

Wie alle anderen Neunaugen hat auch das Flussneunauge einen langgestreckten, aalartigen Körper. Es besitzt keine paarigen Flossen und die Rückenflosse ist zweigeteilt. Der hintere Teil bildet gemeinsam mit der Schwanzflosse und der Afterflosse einen unterbrochenen Flossensaum, der das Hinterende des Tieres umgibt. Die Färbung ist an Flanken und Rücken dunkelgrau bis graugrün, die Bauchseite bleibt dabei weiß. Die Männchen sind etwas kleiner als die Weibchen.

Auffällig sind die sieben runden Kiemenöffnungen, die gemeinsam mit dem echten Auge und der Nasenöffnung zum Namen „Neunauge“ geführt haben. Das Maul ist zu einem Saugmaul umgestaltet, mit dem sich das parasitisch lebende Tier an seinen Wirten festsaugen kann. In diesem Maul stehen fünf bis neun scharfe Hornzähne auf einer Hornplatte unterhalb der Mundöffnung. Hinzu kommen weitere kräftige Zähne oberhalb und neben der Mundöffnung.

Wie groß werden Flussneunaugen?

Die Flussneunauge werden im Durchschnitt etwas 35 bis 45 cm groß. Manche Exemplare können allerdings über 55 cm groß werden.

Wie ernährt sich Flussneunauge?

Erwachsene Flussneunaugen leben als Ektoparasiten an Fischen im Meer. Sie heften sich mit ihrem Saugmaul an ihre Wirte an und raspeln mit den Hornzähnen Gewebeteile der Wirte ab. Das aufgenommene Blut gerinnt dabei aufgrund spezieller Enzyme im Speichel der Neunaugen nicht. Die Larven dagegen leben in Süßwasser und ernähren sich als Filtrierer von Planktonorganismen und organischen Schwebeteilchen.

Die Flussneunaugen können Haut- und Muskelstücke von ihren Opfern abraspeln. Gelegentlich dringen sie dabei bis in die Leibeshöhle ihrer Beutefische ein und töten diese dadurch. Zu den Fischen, die von Flussneunaugen befallen werden, zählen unter anderem Heringe und Dorsche.

Flussneunauge und der Mensch

Im Volksmund werden Flussneunaugen auch Bricke, Pricke oder Prigge genannt. Neunaugen waren vor allem im Mittelalter beliebte Speisefische. Ihre Bestände gingen allerdings durch die zunehmende Verschmutzung der Gewässer und die Zerstörung geeigneter Laichplätze immer weiter zurück, vor allem die Larven reagieren sehr empfindlich auf Sauerstoffmangel. Aus diesem Grund wurde diese Art in das EU-Naturschutzprogramm gemäß FFH-Richtlinie aufgenommen.

In Lettland und im schwedischen Västerbotten stehen Flussneunaugen allerdings immer noch auf der Speisekarte. Ein Gebäck mit Flussneunaugen namens Lamprey pie galt jahrhundertelang in England als Delikatesse für den Adel und wurde traditionellerweise bei Königskrönungen als Geschenk überreicht. Aufgrund fehlender Bestände wurden beim Thronjubiläum von Elisabeth II. 2012 Flussneunaugen aus Kanada verwendet und bei der Krönung von Charles III. 2023 verzichtete man gänzlich darauf.


Quellenhinweise

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