Meerneunauge: Alle Infos zum Wirbeltier

Obwohl Meerneunauge eine Ähnlichkeit mit Fisch aufweist, gehören sie dennoch zu einer Wirbeltierklasse der Rundmäuler. 

Allgemeines über Meerneunauge

  • Name: Meerneunauge (Petromyzon marinus). Engl.: Sea lamprey
  • Überklasse: Rundmäuler (Cyclostomata)
  • Klasse: Petromyzontida
  • Ordnung: Neunaugen (Petromyzontiformes)
  • Familie: Petromyzontidae
  • Gattung: Petromyzon
  • Vorkommen: Küstengebiete des Atlantiks
  • Max. Größe: 120 cm

Herkunft und Lebensraum

Maul des Meerneunauges

Maul des Meerneunauges. Bild: Petromyzon marinus, CC BY-SA 4.0

Das Meerneunauge ist auf beiden Seiten des Atlantiks weit verbreitet. In Europa kommt es von Skandinavien bis zum Adriatischen Meer vor. Auch an der Atlantikküste Nordamerikas gibt es seine Populationen. Das kieferloses Wirbeltier sieht dem Fisch ähnlich und lebt in geringen Tiefen, die im Allgemeinen zwischen zwei und vier Metern liegen. Als anadrome Wanderer steigen die Meerneunaugen zum Laichen in die Flüsse auf und verbringen einen Teil ihres erwachsenen Lebens im Meer.

Interessante Fakten über Meerneunaugen

  • Das Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen Neunaugen und Fischen ist das Fehlen von Kiefern. Das Maul des Meerneunauges sieht wie ein Saugnapf aus und ist mit gruselige Zähne bestückt, die in aufeinanderfolgenden kreisförmigen Reihen angeordnet sind. Selbst an der Spitze ihrer kolbenförmigen Zunge hat sie Zähne.
  • Neunaugen gelten als eines der ältesten Tiere, die bis in die heutige Zeit überlebt haben. Archäologische Funde deuten daraufhin, dass es diese Tiere ohne große äußere Veränderungen seit etwa 360 Millionen Jahren gibt.[1]
  • Das Meerneunauge saugt sich an seinem Opfer fest und injiziert ihm Verdauungssäfte, die das Fleisch teilweise vorverdauen. Das Raubtier saugt dann einfach die entstehende nahrhafte Brühe zusammen mit dem Blut auf.
  • Das Meerneunauge benutzt sein Saugmaul auch, um sich an Felsen festzuhalten und sich zum Beispiel beim Übergang vom Meerwasser zum Süßwasser auszuruhen.

Anatomische Merkmale

Auf den ersten Blick sieht das Meerneunauge wie eine Seeschlange aus. Doch diese Spezies ist weder Schlange noch Fisch, sondern ein Vertreter einer eigenen Tierklasse – der sogenannten Rundmäuler. Sie hat keine Schuppen und auch keine Kiefer. Ihr rundes oder ovales Maul ist mit speziellen Hornzähnen ausgestattet, die trichterförmig angeordnet sind. Hinten am Kopf hat das Meerneunauge auf beiden Seiten je sieben rundliche Kiemenöffnungen.

Die beiden Rückenflossen sind beim Meerneunauge durch eine kleine Lücke getrennt. Brust- oder Bauchflossen fehlen ihm. Trotzdem können sich Meerneunaugen aufgrund der aalähnlichen Form des Körpers perfekt im Wasser bewegen. Sie können sich auch einfach an größere Fische oder Meeressäugetiere anhängen und so „mitfahren“. Die Färbung des Meerneunauges kann variieren. Sie reicht von hellgrau über braun bis grünlich-braun mit unregelmäßig geformten Flecken.

Wie groß wird ein Meerneunauge?

Im Durchschnitt wird ein Meerneunauge etwa 70 bis 90 cm groß. Einige seltene Individuen erreichen eine Körpergröße von 120 cm und ein Gewicht von 4 kg.

Wie ernährt sich Meerneunauge?

Neunaugen am Fisch

Neunaugen am Fisch

Erwachsene Meerneunaugen ernähren sich parasitär vom Blut ihrer Wirte, an denen sie sich festsaugen. Hat sich das Neunauge einmal an seinem Opfer festgesaugt, bleibt es es wochenlang dran kleben. Obwohl der Parasit das Opfer nicht tötet, kann er eine gefährliche Infektion in die Wunde einschleppen. Während große Fische sich davon erholen können, endet es für die kleineren eher tödlich.

Neunaugenlarven (Querder) ernähren sich von kleinen wirbellosen Tieren wie Insekten und Mollusken und dem Detritus.

Fortpflanzung der Meerneunaugen

Im Frühjahr schwimmen die Meerneunaugen aus dem Meer die Flüsse aufwärts, um zu laichen. Dabei dringen sie allerdings nicht soweit durch, wie es die Flussneunaugen tun. Am Laichort angekommen, baut das Männchen ein 30 bis 50 cm tiefes Nest in kiesigem Boden und bewacht es anschließend vor Eindringlingen. Schließlich saugt sich das Männchen an der Seite eines Weibchens an, wickelt sich ringförmig um sie und hilft ihr dabei, sich von den Eiern zu befreien.

Sobald das Weibchen die Eiern abgelegt hat, befruchtet sie das Männchen. Die kleinen Larven (Querder) schlüpfen 10-11 Tage nach dem Laichen und bleiben etwa eine Woche lang am Geburtsort, danach verteilen sie sich mit der Strömung. Wenn sie einen geeigneten Platz gefunden haben, gräbt sich jede von ihnen in den Sediment ein. Dort verbringen die Querder sechs bis acht Jahren, bis sie zu adulten Tieren heranwachsen.

Nach dem sie in die adulte Phase ihres Leben eingetreten sind, ziehen die Meeraugen ins Meer und entwickeln sich dort während weiterer drei bis vier Jahren zu geschlechtsreifen Tieren. Während dessen heften sie sich an Fischen wie Heringen, Dorschen, Makrelen oder Lachsen an und raspeln mit ihren Hornzähnen deren Haut ab, um das Blut zu saugen. Dabei injiziert sie spezielle Substanz, die die Blutgerinnung verhindert.

Wirtschaftliche Bedeutung

Von allen Neunaugen sind Meerneunaugen diejenigen, die vom Menschen am häufigsten verzehrt werden (Bachneunaugen z.B. produzieren ein sehr starkes Gift, das auch durch Wärmebehandlung nicht zerstört wird). Aufgrund der zarten Fleischtextur der Meerneunaugen, des hohen Fettgehalts, zahlreicher Spurenelemente und Vitamine gelten sie als Delikatesse. Sie können gebraten, gebacken, gekocht, konserviert und eingelegt werden.

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts haben sich Meerneunaugen in den Großen Seen Nordamerikas auf eine invasive Art und Weise ausgebreitet, woraufhin das ökologische Gleichgewicht gestört wurde.[2] So wurden sie dort zur Bedrohung für die Bestände wichtiger Fischarten und werden in einigen Gebieten intensiv befischt und bekämpft. In Europa hingegen sind ihre Lebensräume akut bedroht, sodass die Meerneunaugen in den Anhang der FFH-Richtlinie als bedrohte Art aufgenommen wurden.[3]


Einzelnachweise

  1. Philippe Janvier: microRNAs revive old views about jawless vertebrate divergence and evolution. In: PNAS. Band 107, Nr. 45, 9. November 2010.
  2. Parasiten in der Falle. In: der Standard. Abgerufen am 22. August 2023.
  3.  Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen.