Ammenhai im Fokus: Steckbrief, Biologie, Lebensraum

Ihrem Namen gerecht, gehören Ammenhaie zu den wenig gefährlichen Haiarten, die einen bemerkenswerten Beschützerinstinkt ihrem Nachwuchs gegenüber haben.

Ammenhai

Ammenhai

Steckbrief Ammenhai

  • Name: Ammenhai. Engl.: Nurse shark
  • Wiss. Name: Ginglymostoma cirratum
  • Ordnung: Ammenhaiartige (Orectolobiformes)
  • Familie: Ammenhaie (Ginglymostomatidae)
  • Gattung: Ginglymostoma
  • Verbreitung: Atlantik und östlicher Pazifik
  • Lebensraum: Riffe und Sandbänke in Küstennähe
  • Nahrung: Fische, Krebse, Kopffüßer, Seeigeln, Muscheln
  • Verhalten: Raubfisch, nachtaktiv, bildet Schwärme
  • Gefahr für Mensch: gefährlich, es gibt einige dokumentierte Angriffe
  • Maximale Größe: 4,5 m
  • Maximales Gewicht: 200 kg
  • Maximales Alter: 25 Jahre
  • Körperform: schlank, mit großem und abgeflachtem Kopf
  • Körperfarbe: gelb-braun oder grau-braun
  • Schnauze: für Haiverhältnisse recht klein und flach
  • Schuppen: Placoidschuppen
  • Geschlechtsreife: mit 10-15 Jahren
  • Laichzeit: Frühjahr oder Sommer
  • Wirtschaftliche Bedeutung: beliebter Speisefisch und Fischleder-Lieferant, wird hauptsächlich von lokalen Fischern gefangen
  • Kulinarische Qualität: helles und strukturiertes Fleisch, optimal geeignet zum Braten, Backen und Räuchern
  • Angelsport: wird beim Boots- und Brandungsangeln mit Naturködern gefangen
  • Aquarium: Haltung nur in großen, öffentlichen Aquarien möglich
  • Gefährdung: aufgrund der Überfischung z.T. stark gefährdet

Herkunft und Lebensraum

Verbreitungsgebiet des Ammenhais

Verbreitungsgebiet des Ammenhais. Bild: Ginglymostoma cirratum

Das Verbreitungsgebiet der Ammenhaie reicht vom Atlantik bis zum östlichen Pazifik. Die Fische bewohnen tropische und subtropische Gewässer auf den Kontinental- und Inselschelfen. Im Westatlantik sind Ammenhaie von Rhode Island bis Südbrasilien heimisch, im Ostatlantik – von Kamerun bis Gabun, gelegentlich werden sie auch in französischen Küstengewässern gesichtet. Im östlichen Pazifik erstreckt sich ihre Population von der südlichen Baja California bis Peru und in den Küstengewässern der Karibischen Inseln.

Lebensweise des Ammenhais

Ammenhaie bewohnen gerne Riffe, Sandbänke und gelegentlich auch Mangroven-Kanäle. Sie fühlen sich im flachen Wasser wohl, können aber bis zu 130 m tief tauchen. Ammenhaie sind nachtaktiv. Tagsüber versammeln sie sich in Schwärmen von bis zu 40 Tieren und ruhen auf dem Sandboden, in Höhlen oder Spalten von Felsen und Korallenriffen. Dabei liegen sie dicht beieinander oder sogar übereinander.

Studien haben gezeigt, dass Ammenhaie eine Vorliebe für einen bestimmten, einmal gewählten Unterschlupf haben und jeden Tag nach einer nächtlichen Jagd in dieselbe Höhle oder Spalte zurückkehren. Dabei setzen sie ihre muskulösen Brustflossen als Gliedmaßen beim Kriechen ein. Oft bilden sie Schwärme von mehreren Dutzend Individuen, die ein bestimmtes Gebiet am Boden besetzen und gemeinsam jagen.

Interessante Fakten über Ammenhai

Ammenhai

Ammenhai

  • Ammenhaie sind sehr widerstandsfähig und reagieren wenig empfindlich auf Schwankungen von Temperatur und Sauerstoffgehalt im Wasser und sind daher leicht in Gefangenschaft zu halten. In Aquarien erreichen sie ihre volle Größe und können bis zu 25 Jahre alt werden.
  • Junge Ammenhaie lassen sich trainieren und werden häufig für Studien über das Verhalten und die Physiologie der Fische in Gefangenschaft eingesetzt. Unter Wissenschaftlern sind sie aufgrund ihrer Robustheit und Lernfähigkeit begehrte Forschungsobjekte.
  • Anders als die meisten anderen Haie, können Ammenhaie im Stillstand atmen und müssen nicht permanent in Bewegung bleiben. Sie haben die Fähigkeit im Ruhezustand viel Wasser durch ihre Kiemen zu pumpen und so vollständig zu atmen.
  • Junge Ammenhaie kann man in einer interessanten Haltung beobachten: Sie stehen auf dem Boden, stützen sich dabei auf ihre Brustflossen und heben den Kopf. Möglicherweise schaffen sie dadurch einen Unterschlupf, in den eine Krabbe oder ein kleiner Fisch eindringen kann – eine willkommene Mahlzeit für den Hai.

Ist ein Ammenhai gefährlich?

Dem Menschen gegenüber verhalten sich die Ammenhaie für gewöhnlich nicht aggressiv. Es sind jedoch Fälle bekannt, in denen die Fische zugebissen haben, weil die Taucher zu aufdringlich wurden. Obwohl der Ammenhai ein relativ kleines Maul hat, kann er sich dennoch stark festbeißen. Dabei atmet er ohne das Maul zu öffnen und kann so lange Zeit an seinem Opfer hängen bleiben. Kommt rechtzeitig keine Hilfe, wird es für den Taucher lebensgefährlich.

Woher hat der Ammenhai seinen Namen?

Vermutlich ist der Name des Ammenhais auf sein Fressverhalten zurück zu führen: Er reißt keine Stücke vom Fleisch seiner Beute ab, sondern knabbert daran wie ein Baby und gibt beim Fressen ein dumpfes Gackern von sich. Es erinnert an das kaum wahrnehmbare Geräusch einer Amme, die ein Neugeborenes beruhigt.

Es gibt auch noch einen andere Zusammenhang, der seinem Namen gerecht wird: Im Gegensatz zu anderen Haien sind Ammenhaie sehr beschützend gegenüber ihren Jungen. Sie fressen sie nicht, selbst wenn sie selbst verhungern müssten. Im Gegenteil – sie schützen sie inbrünstig und selbstlos.

Wichtige Merkmale

Auge des Ammenhais

Auge des Ammenhais

Ein charakteristisches Merkmal der Ammenhaie sind kleine, aber gut sichtbare Barteln an den Nasenöffnungen. Diese nutzen die Fische als Riech- und Tastorgan bei der Nahrungssuche. Die Körperform ist langgestreckt. Der Kopf ist groß, auffällig flach und endet mit einer stumpfen Schnauze. Die Augen sind sehr klein. Der Körper erwachsener Haie ist mit großen rautenförmigen Placoidschuppen bedeckt. Die Färbung ist einfarbig gelb-braun oder grau-braun.

Die Art erreicht eine maximale Länge von 4,3 m, wird aber normalerweise nicht länger als 2,5-3 m. Alle Flossen des Fisches sind gut entwickelt. Die Rückenflossen befinden sich in der zweiten Körperhälfte. Die Brustflossen sind sehr kräftig und dienen dem Hai sogar als Gliedmaßen beim Kriechen durch die Spalten oder als Stützen beim Ruhen auf dem Bodengrund. Der obere Teil der Schwanzflosse nimmt mehr als ein Viertel der Körperlänge ein, der untere ist wesentlich keiner.

Wie ernährt sich Ammenhai?

Die Ammenhaie ernähren sich von benthischen wirbellosen Tieren wie z.B. Krebsen, Tintenfischen, Seeigeln, Muscheln und kleinen Fischen. Manchmal findet man in ihren Mägen Algen, die sie bei der Jagd auf Beutetiere aufgesaugt zu haben scheinen. Das kleine Maul und der große Rachen der Ammenhaie ermöglichen es ihnen, die Nahrung mit großer Kraft einzusaugen.

Dank ihres Saugmechanismus und den empfindsamen Barteln können diese Haie vor allem in der Nacht erfolgreich jagen, wenn ihre tagesaktive Beutefische im Dunkeln orientierungslos sind. Bei der Jagd auf Schneckenmuscheln drehen sie ihre Beute um und saugen sie aus der Schale. Diese Haie sind auch in der Lage, vertikale Felsen- und Korallen-Oberflächen mit ihren Fühlern abzutasten.

Fortpflanzung der Ammenhai

Ammenhai

Ammenhai

Bei der Paarung hält das Ammenhai-Männchen das Weibchen mit seinen Zähnen fest und versucht es umzudrehen, indem es in ihren Brustflossen zieht. Solche Zuneigungsbekundungen hinterlassen bei den Weibchen oft Narben und zerrissene Flossen. Um sich vor Verletzungen zu schützen, versuchen die Weibchen oft, sich dem Boden zu nähern und ihre Brustflossen im Boden zu vergraben.

Ammenhaie sind lebendgebärende Fische. An der Küste Floridas kommt der Nachwuchs im späten Frühjahr oder Sommer zur Welt. Der Wurf besteht aus 20-30 Jungfischen, die 27-30 cm lang sind. Die Trächtigkeit dauert 5-6 Monate, wobei die Weibchen alle zwei Jahre Nachwuchs bekommen. Ammenhaie wachsen langsam, beide Geschlechter erreichen die Geschlechtsreife mit 10-15 Jahren bei einer Länge von 210 – 230 cm.

Ammenhaie und der Mensch

Ammenhaie werden von der kommerziellen Fischereiflotte nicht gezielt befischt, allerdings oft von lokalen Fischern gefangen. Die robuste Haut dieser Spezies ist äußerst wertvoll und wird zur Herstellung hochwertiger Leder verwendet. Es liegen keine ausreichenden Daten vor, um den Zustand der Art zu beurteilen, aber es ist mehr als wahrscheinlich, dass das langsame Wachstum und die intensive Befischung negative Auswirkungen auf ihre Populationen ausüben.